- Pédagogie - lycée -
SESSION 2003 - SUJET NATIONAL - ALLEMAND LV 1 - SÉRIE L - DUREE : 3h
Madame Brücker est aveugle et vit dans une maison de retraite. Le narrateur, qui l'a connue lorsqu'il était enfant, l'emmène dans un quartier de Hambourg, sur les lieux qu'elle fréquentait autrefois.
Es war der vierte Nachmittag, da wünschte Frau Brücker hinauszugehen.
Es regnet und stürmt, sagte ich.
Eben darum. Ich mag gern im Regen rumlaufen...
Ich fragte sie, wohin ich sie fahren solle.
Zum Dammtorbahnhof,
wenns geht. Dort habe sie nämlich mal als Kind gestanden, mit der Schulklasse, und den Kaiser begrüßt, der, wenn er nach Hamburg kam, immer am Dammtor ausstieg. „Heil dir im
Siegerkranz " (1),
hat die Klasse
gesungen, aber sie in derselben Melodie : „Bratkartoffeln mit Heringsschwanz"(2).
Ihr Vater war Sozi (3) und in der Gewerkschaft (4) gewesen.
Sie ließ sich von mir den Regenmantel aus dem Schrank geben, einen dunkelgrünen gummierten Mantel, gut fünfzig Jahre alt. Über den braunen
Topfhut zog sie einen Hutschoner, eine Plastikhülle. Sie tat das alles mit ruhigen, tastenden Bewegungen. So, sagte sie, jetzt kanns losgehn.
Vor dem Bahnhof hielt ich, half ihr aus dem Wagen, sagte, sie müsse einen Moment
warten. Ich fand erst nach einiger Zeit und dann auch noch recht weit entfernt eine Parkmöglichkeit. Ich rannte zum Bahnhof zurück, dachte, sie sei womöglich ungeduldig geworden, losgegangen und habe sich im Bahnhofsgewühl verirrt. Ich hatte eine Menschenmenge vor Augen und in deren Mitte wie ein verirrtes Kind Frau Brücker. Sie stand aber in ihrem flaschengrünen Regenmantel, wo ich sie abgesetzt hatte, hielt sich am
Straßengitter fest und streckte das Gesicht dem Regen entgegen. Sie wollte unbedingt unter der Eisenbahnbrücke durchgehen, dort waren die Fenster der Bahnhofsküche, und danach sollte ich sie an der Villa in der Dammtorstraße vorbeiführen, in der früher eine Polizeiwache
war, schließlich wollte sie noch zu dem Kriegerdenkmal
(5) des 76. Regiments. Ein großer Sandsteinblock, um den in Lebensgröße eine Kompanie Soldaten marschiert: Deutschland
muß leben, und wenn wir sterben müssen.
Ich beschrieb ihr den Zustand des Denkmals, das von Pazifisten mit roter und schwarzer Farbe beworfen worden war. Einigen Soldaten war das Gesicht weggemeißelt
(6) worden. Ein Protest.
Versteh schon, sagte sie. Aber zwei Soldaten haben 'ne Pfeife im Mund. Die habe ich immer meinen Kindern gezeigt. Die andern sehen gleich aus. Ich ging mit ihr um das Denkmal und suchte die Soldaten mit der Pfeife. Ihre Gesichter waren unverletzt.
Gut so, sagte sie.
Sie wollte wieder zurück. Langsam gingen wir, sie hielt sich an meinem Arm fest, ohne zu reden, zum Haupteingang des Bahnhofs. Ich denke, sie wollte den Regen im Gesicht spüren, wollte von nahem die Geräusche der Stadt hören: unter der Brücke das Dröhnen der Eisenbahnräder,
das Anfahren
der Autos, Gesprächsfetzen,
eilige Schritte, Lautsprecheransagen vom Bahnhof. Ich vermute, sie wollte an einer Stelle vorbeigehen, die in ihrem Leben eine besondere Bedeutung gehabt hatte. Ich wagte nicht, sie zu fragen.
Am Eingang des Bahnhofs ließ ich sie wieder warten, holte den Wagen, hielt, sprang
aus dem Wagen, zog sie zum Auto, hinter uns das aggressive Hupen (7), wir müssen uns beeilen, sagte ich, half ihr, nein, schob sie auf den Sitz, nervös geworden von dem Hupen der ungeduldigen Idioten. Sie sagte nichts, aber ich sah, sie hatte sich weh getan. Ich fuhr sie ins Altersheim zurück. Sie sagte, sie sei erschöpft, heute könne sie nichts mehr erzählen.
Morgen auch nicht.
Es war der Tag, an dem wir nur ein paar Sätze miteinander gesprochen hatten. Doch als wir durch den Regen gingen, wurde mir unter dem leichten Druck auf meinen Arm die Kraft klar, die es diese Frau gekostet hatte, ihr Leben zu leben.
Nach Uwe Timm, Die Entdeckung der Currywurst, 1995
1. der Siegerkranz :
la couronne du vainqueur
2. der Heringsschwanz : la queue de hareng
3. der Sozi : der Sozialdemokrat
4. die Gewerkschaft : le syndicat
5. das Denkmal: le monument
6. cf. meißeln : travailler au ciseau de sculpteur
7. hupen: klaxonner
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ETUDE DE TEXTE - sur 14 points |
1. Was passiert an diesem Tag? Ordnen Sie folgende Sätze.
(Er = der Erzähler; Sie = Frau Brücker)
a) Sie will zum Kriegerdenkmal.
b) Sie ist müde.
c) Er hilft ihr beim Anziehen.
d) Sie erinnert sich an ihre Kindheit.
e) Er holt sie im Heim ab.
f) Er beschreibt ihr den Zustand des Denkmals.
) Er fährt sie mit dem Auto zum Bahnhof.
h) Er fährt sie ins Heim zurück.
i) Sie steht im Regen und wartet auf ihn, bis er einen Parkplatz gefunden hat.
j) Er holt sie wieder mit dem Auto ab.
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2. Auf wen bezieht sich das unterstrichene Pronomen? *
Beispiel: Vor dem Bahnhof hielt ich ... * = Der Erzähler
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1) Es regnet und stürmt sagte ich. (Zeile 2) |
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2) Eben darum. Ich mag gern im Regen rumlaufen. (Zeile 3) |
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3) Ich fragte sie, wohin ich sie fahren solle. (Zeile 4) |
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4) „Heil dir im Siegerkranz", hat die Klasse gesungen, aber sie in derselben Melodie: „Bratkartoffeln mit Heringsschwanz." (Zeilen7-8) |
3. Zeilen
5-9 *:
a) „Bratkartoffeln mit Heringsschwanz" anstatt „Heil dir im Siegerkranz". Was bedeutet das? Kreuzen Sie die zwei richtigen Antworten an.
Liebe zum Kaiser
Protest
Spott
Disziplin
Respekt vor dem Kaiser
Patriotismus
b) Wie lässt sich das Verhalten des Mädchens erklären? (etwa 30 Wörter)
... ... ...
4. Zeilen 10 bis
18 *: Kreuzen Sie die richtige Antwort an und zitieren Sie den Text dazu.
a) Der Erzähler verhält sich Frau Brücker gegenüber:
unmenschlich hilfsbereit ungeduldig autoritär
Zitat: ... ... ...
b) ... denn er findet sie:
schüchtern böse entschlossen hilflos
Zitat: ... ... ...
5. Zeile 38 * : „Ich wagte nicht, sie zu fragen." Warum fragt er sie nicht? Stellen Sie Hypothesen auf. (mindestens 40 Wörter)
... ... ...
6. Das Bahnhofsviertel scheint für diese Frau von besonderer Bedeutung zu sein. Können Sie sich vorstellen warum? (mindestens 40 Wörter)
... ... ...
7. Welches Bild macht sich der Erzähler von der alten Dame? Trifft dieses Bild zu? (mindestens 70 Wörter)
... ... ...
8. Behandeln Sie eines der beiden Themen (mindestens 120 Wörter).
a) Denkmäler sollen Geschichte wachhalten. Sollen wir die Vergangenheit vergessen oder sie in Erinnerung behalten? Was meinen Sie dazu?
oder
b) Erinnern Sie sich an einen Ort, der in Ihrem Leben eine besondere Bedeutung gehabt hat? Wie war das zu erklären?
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TRADUCTION - sur 6 points |
Übersetzen Sie von Zeile 39 bis Zeile 47
* ins Französische
(
von „Am Eingang des
Bahnhofs ... "
bis „ ....ihr Leben zu
leben.")
* (NB: Les phrases citées sont extraites du texte; dans le cahier destiné aux élèves, les numéros de ligne sont indiqués - ce qui est impossible dans une page web. GL.)