- Pédagogie - lycée -
Baccalauréat général - Session de septembre 2003 - Allemand LV2 - série L - durée : 3 heures
Eïgentlich war es eïn schönes Dorf. Die Hauptstraße führte
vom Ortseingang aus in zwei langen Kurven zwischen hohen, alten Bäumen zum
Schloß hinauf. Zu beiden Seiten der Straße lagen große Bauernhöfe, der älteste
über vierhundert Jahre alt, und viele neuere Häuser. Es gab einen Blumenladen,
einen Bäcker und einen Metzger; außerdem einen Getränkemarkt, einen
Schreibwarenladen, zwei Gasthöfe, eine Apotheke, einen praktischen Arzt und den
Friseur. Wenn man nichts Außergewöhnliches brauchte, mußte man den Ort nicht
verlassen.
Seit sie angekommen war, hatte Katrin nur zweimal die knapp
einstündige Fahrt in die Stadt unternommen. Einmal, um ihren Zahnarzt zu
besuchen, und einmal, um Olga zu treffen. Die Stadt war ihr unfreundlich
erschienen, laut und eng und verschmutzt. All die Häuser ohne Grün drum herum,
randvoll gefüllt mit Menschen, die Wand an Wand ihr Leben lebten, einander nah
und doch als Fremde. Obwohl sie erst kurz weg von der Stadt war, konnte Katrin
sich kaum noch vorstellen, daß sie ebenfalls dort gelebt hatte. Sie fühlte sich
viel wohler auf dem Land, inmitten der Weite und der Natur.
Leider wollte ihr Sohn Samuel nach wie vor nicht hier sein. Er
war bockig (1) und unglücklich; Tag für Tag jammerte er, er wolle zurück in die
Stadt.
Auch Katrin fragte sich natürlich, ob sie als Fremde hier
wirklich Fuß fassen würde. Sie stieß nicht auf direkte Feindseligkeit - nur die
Nachbarin verhielt sich so merkwürdig... Die meisten Leute behandelten sie
freundlich, trotzdem spürte sie, daß sie nicht dazugehörte. Wenn sie ein Geschäft betrat, wurde sie förmlich mit "Sie"
angesprochen, während die Einheimischen (2) sich
untereinander
duzten. Manchmal wurden die Gespräche abgebrochen, wenn sie in die Nähe kam.
Und sie wurde mit Blicken betrachtet, die ihr deutlich zeigten, daß sie als
Außenseiterin (3) empfunden wurde.
Sie sprach sich selbst Mut zu (4). Das dauerte eben. Man lebte
sich nicht in ein paar Wochen in einer fremden Umgebung ein. Die Leute hier
draußen waren eigenartige Menschen; man mußte ihr Vertrauen erst gewinnen.
Trotzdem wollte sie auf keinen Fall in die Stadt zurück. In
der Stadt war Bernd. Alle Freunde dort waren Bernds Freunde, alle Kneipen
(5) ,
die sie kannte, Bernds Stammkneipen, alle Orte angefüllt mit Erinnerungen an
Bernd. Es war, als wäre dort kein Raum mehr für Katrin, als hätte er den ganzen
Platz besetzt.
Tagsüber, solange sie beschäftigt war, kam Katrin gut zurecht (6) mit ihrem neuen Leben. Sie gab sich ihren Aufgaben völlig hin und versuchte dabei, keine Zweifel oder Ängste hochkommen zu lassen. Aber nachts, wenn diese drückende Stille herrschte und die Welt um sie her nicht mehr zu existieren schien, kämpfte sie gegen allerhand Dämonen an.
Nach Amelie Fried, Der Mann von nebenan, 1999
|
COMPREHENSION - sur 10 |
1. Kreuzen Sie die richtige Antwort an.
| 1) Katrin befindet sich jetzt auf dem Land | um Olga zu besuchen. um eine Kur zu machen um Urlaub zu machen weil sie dort wohnt |
| 2) Hier | lebt sie seit zwei
Jahren befindet sie sich seit ein paar Wochen hat sie als Kind gelebt. lebt sie schon lange |
| 3) In der Stadt: | hat sie nie gewohnt. möchte sie gern leben. hat sie nur als Kind gewohnt. hat sie noch vor kurzer Zeit gewohnt. |
| 4) Samuel: | lebt mit seiner Mutter. lebt bei den Großeltern. lebt mit seinem Vater. ist schon selbstständig und lebt allein. |
| 5) Für Katrin ist Bernd: | ein Mann, den sie nur einmal gesehen hat. ihr Ex-Mann. ein Freund unter vielen anderen. ein Nachbar |
2. Richtig oder falsch? Kreuzen Sie an und begründen Sie Ihre Antwort mit einem Zitat aus dem Text.
| 1) Es ist die Rede von einem ausgestorbenen Dorf. | Richtig Falsch |
| Zitat: ................. | |
2) Katrin fährt jeden Tag in die Stadt. |
Richtig Falsch |
| Zitat: ................. | |
|
3) Die Nachbarin ist besonders nett zu ihr. |
Richtig Falsch |
| Zitat: ................. | |
|
4) Die Dorfbewohner sagen "du" zueinander. |
Richtig Falsch |
| Zitat: ................. | |
|
5) Da sie nichts zu tun hat, muss sie die ganze Zeit an ihre
Probleme denken. |
Richtig Falsch |
| Zitat: ................. | |
6) Die Nacht bringt ihr die erwünschte Ruhe. |
Richtig Falsch |
| Zitat: ................. | |
3. Kreuzen Sie die richtige Aussage an und begründen Sie
Ihre Antwort mit einem Zitat aus dem Text.
1) Die Dorfbewohner:
müssen öfters in die Stadt.
brauchen im Alltagsleben nicht in die Stadt zu fahren.
fahren gern in die Stadt zum Einkaufen.
Zitat: ................
2) Die Stadtmenschen:
haben enge Beziehungen zueinander
reden gern über ihre Nachbarn.
interessieren sich nicht für ihre Nachbarn.
Zitat: ................
3) Dass es Samuel auf dem Land nicht gefällt, findet Katrin:
schade.
komisch.
nicht so wichtig.
Zitat: ................
4) Die Reaktion der meisten Dorfbewohner Katrin gegenüber ist:
nur positiv.
zweideutig.
nur negativ.
Zitat: ................
5) Sie möchte gern integriert werden:
die Dorfbewohner wollen ihr dabei helfen.
es ist eine Frage der Zeit.
ihr Sohn soll ihr den Kontakt mit anderen Leuten leichter machen.
6) In der Stadt:
kennt sie sich nicht mehr aus.
kennt sie niemanden mehr.
muss sie immer an Bernd denken.
Zitat: ................
4. Übersetzen Sie die Zeilen 26-29 (l'avant-dernier paragraphe, G.L.) ins Französische ("Trotzdem wollte sie... als hätte er den ganzen Platz besetzt").
...
| EXPRESSION |
1. Zwei Dorfbewohner unterhalten sich über Katrin. Schreiben
Sie den Dialog und beachten Sie dabei folgende Angaben (etwa 100 Wörter):
2. Wie erklären Sie, dass Katrin in diesem "schönen Dorf" (Z.1) "Zweifel und Ängste" empfindet ? (etwa 60 Wörter)
3. Behandeln Sie Thema a.) oder Thema b.) (Mindestens 100 Wörter)