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"Die DDR erschien mir viel fremder als Frankreich" - sujet baccalauréat (Amérique du Nord) 2010 - ES - S - LV1

mis à jour le 10/06/2010


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mots clés : Amérique du Nord, sujet, baccalauréat, 2010, ES, S, LV1


Mein Vater war in Röntgental (1) aufgewachsen, einer Siedlung zwischen Berlin und Bernau. Im letzten Kriegswinter war mein Vater zu Verwandten nach Schleswig-Holstein (2) geschickt worden. Dort wurde ich im Jahr des Mauerbaus geboren. Mein Großvater lebte  bis zu seinem Tod 1988 in Röntgental.
In meiner Kindheit hörten wir oft DDR-Radio. Ich erinnere mich vor allem an eine Familienserie, die "Neumann zweimal klingeln" hieß.
Mit den Ostverwandten war ich zunächst nur in Form von Weihnachtspäckchen verbunden. Als Kinder wurden wir angehalten (3), kleine Dankesbriefe dafür zu schreiben, obwohl wir die Absender der Päckchen kaum kannten.
Die Eltern schickten Kaffee und Schokolade: die Pakete aus dem Osten enthielten eher kulturelle Dinge: Steckschachbretter (4) und Bücher von Tschingis Aitmatow oder Theodor Fontane.
Mit fünfzehn war ich - politisiert durch Jugendbücher über Che Guevara und Rosa Luxemburg - für drei Wochen zu Besuch in der DDR. Es war die erste Reise, die ich allein unternahm. Zuvor war ich mit dem Jugendamt schon mal in Frankreich gewesen.
Die DDR erschien mir fremder als Frankreich. Sie war wie ein Land aus einem Buch, das in der Vergangenheit meiner Eltern spielte. Fast im gleichen Alter, in dem mein Vater sein Zuhause verlassen hatte, kam ich in sein Elternhaus.
Alles erschien mir fremd und interessant.
Jeden Morgen fuhr ich, fast so, als ginge es zur Arbeit, von Röntgental nach Ost-Berlin; am Abend kam ich mit der S-Bahn wieder zurück, um mit meinem Großvater und seiner zweiten Frau noch fernzusehen. (Die Mutter meines Vaters hatte sich im Frühjahr 1945 das Leben genommen).
Mein Großvater und seine Frau wünschten sich, dass ich in die DDR übersiedle, um nach ihrem Tod das Haus zu erben.
In drei Wochen stellte ich mir immer wieder vor, wie es wäre, wenn ich tatsächlich nach dem Abitur in die DDR gehen würde.
In Ost-Berlin sah ich mir die Museen und die Gräber der großen Sozialisten an. Manchmal setzte ich mich in den Palast der Republik (5), trank Rum-Cola und sprach Einheimische an. Ich fragte sie, wie es ihnen im Sozialismus so gefalle. Die 25 Befragten antworteten ausweichend. Es endete immer im Einerseits - Andererseits. Damals war ich überzeugter Hippie und fand es viel besser, im Schneidersitz (6) auf dem Boden zu sitzen, als auf Stühlen oder Bänken. Ich rauchte eigentlich nie im Gehen, sondern setzte mich immer auf den Boden, um zu rauchen. Sofort kam ein Volkspolizist, schnauzte mich an, kontrollierte meine Papiere, fragte, ob das denn im Westen so üblich sei, und sagte wütend: "Bei Ihnen können Sie das vielleicht machen. Bei uns aber nicht."   Immer hatte ich auf dieser Reise das Gefühl, mich zusammennehmen (7) zu müssen, was ich aber auch nicht schlimm fand.
Später, Anfang der achtziger Jahre, trampte ich nach West-Berlin und besuchte Freunde, die in besetzten Häusern wohnten. West-Berlin war weder Inland noch Ausland, sondern etwas Drittes; am Rande von Demonstrationen und Straßenschlachten träumte man von einer anderen Gesellschaft, die hier entstehen sollte. Auf dem Weg nach West-Berlin hatte ich das Gefühl, das Reich der Notwendigkeit zu verlassen und ins Reich der Freiheit zu kommen.

nach Detlev Kuhlbrodt, aus: "Die Nacht, in der die Mauer fiel" 2009

 


1 Röntgental: ein Viertel östlich von Berlin, wo der Vater aufgewachsen ist.
2 Schleswig-Holstein: Land der BRD
3 angehalten werden: müssen
4 der Steckschachbretter: l'echiquier de voyage
5 Palast der Republik: siege politique et palais des congrès de la RDA
6 im Schneidersitz sitzen: etre assis en tailleur
7 sich zusammennehmen: sich beherrschen

 


 I. COMPREHENSION, sur 10

1. In der DDR oder in der BRD?

Beispiel: 0) Der Palast der Republik befindet sich in der BRD / in der DDR = Der Palast der Republik befindet sich in der DDR.

a. Der Ich-Erzähler wohnt in der BRD / in der DDR.
b. Sein Großvater wohnt in der BRD /  in der DDR.
c. Der Volkspolizist wohnt in der BRD /  in der DDR.


2. Wann macht der Ich-Erzähler was?
Setzen Sie folgende Aussagen in die chronologische Reihenfolge.

a. Er entdeckt West-Berlin.
b. Er diskutiert mit den Ostberlinern.
c. Er schickt seinen Ostverwandten Briefe.
d. Er hat Probleme mit der Polizei.


3. Richtig oder Falsch? Begründen Sie Ihre Antwort mit einem Zitat aus dem Text! Geben Sie dabei die Nummern der Zeilen an!

Beispiel: 0) Die Ostverwandten sendeten oft Nahrungsmittel. Falsch: (Z. 10-11)" die Pakete aus dem Osten enthielten eher kulturelle Dinge".

a. Der Fünfzehnjährige hatte rechtsextremistische Neigungen.
b. Die DDR bedeutete damals für ihn mehr als Ausland.
c. Jeden Morgen fuhr der Erzähler zur Arbeit.
d. Seine Oma war 1945 unter den Bomben ums Leben gekommen.
e. Sein Großvater schlug ihm vor, sich später in der DDR niederzulassen.
f. Als er DDR Bürger über das Regime befragte, bekam er klare, deutliche Antworten.
g. Sein Verhalten in der DDR fiel manchmal auf.
h. In Ost-Berlin fiel es ihm schwer, sich immer beherrschen zu müssen.
i. In West-Berlin fühlte er sich in Einklang mit seinen Idealen.


4. Zitieren Sie jeweils drei Textstellen, die zeigen,

a. dass der Ich- Erzähler sich für Politik begeistert.
b. dass die Familie auf beiden Seiten den gegenseitigen Kontakt nicht unterbrechen will.


5. Welcher Titel passt überhaupt nicht zum Text?

a. Ein früh politisierter Jugendlicher.
b. Ein engstirniger, bornierter junger Wessi.
c. Ein aufgeschlossener junger Mann.

6. Übersetzen Sie,  Zeile 14 bis 18:  "Es war die erste Reise ... , kam in sein Elternhaus."


 II.   EXPRESSION, sur 10

1. Als Erwachsener schreibt der Ich-Erzähler seinem Großvater einen Brief, in dem er ihm erklärt, aus welchen Gründen er beschlossen hat, in West-Berlin zu leben. Verfassen Sie diesen Brief! (etwa 70 Wörter)


2. Behandeln Sie eines der beiden Themen!

A. Denken Sie, dass geschichtliche Ereignisse das Leben der Menschen ändern oder beeinflussen können?
Geben Sie konkrete Beispiele aus Literatur oder Filmen an, die Ihre Meinung begründen! (etwa 130 Wörter)

ODER

B. Am 9. November haben Deutschland und ganz Europa den Fall der Berliner Mauer gefeiert. Warum? Begründen Sie Ihre Meinung. (etwa 130 Wörter)


N.B. :Vergessen Sie nicht die Zahl der geschriebenen Wörter anzugeben!

 

information(s) pédagogique(s)

niveau : Terminale S, Terminale ES, B2

type pédagogique : évaluation

public visé : enseignant, élève

contexte d'usage : classe

référence aux programmes :

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information(s) technique(s) : fichier au format .rtf

taille : 19,7 Ko ;

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