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"Ines Veith" - sujet baccalauréat 2012 - S - LV2

mis à jour le 14/03/2013


bac2012.jpg

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mots clés : sujet, national, baccalauréat, septembre, 2012, S, LV2


Wie oft hatte ich meine Mutter gefragt, wieso sie damals nicht meinem Vater nach Aachen gefolgt war. Es wäre die richtige Zeit gewesen. Er hatte sich entschlossen, im Westen eine neue Existenz aufzubauen. Er hatte geahnt, dass die Mauer kommen würde. Mama wollte nicht auf ihn hören. Sie wollte zurück nach Dresden. Außerdem hatte ich Scharlach (1) bekommen, mit hohem Fieber. Meine Mutter bestand darauf, dass ich bei unserem Kinderarzt behandelt würde. Also fuhr sie mit mir mit dem Zug zurück. Zurück in eine Zukunft, die später eingemauert wurde.
Plötzlich war es zu spät. Sie weinte viel, verstand nicht, wieso der Staat seinen Bürgern so etwas antun konnte.
Papa war jetzt Westbürger.Und wir lebten im Osten. Ich bekam oft Pakete von ihm und trug die besten Jeans. Es mangelte uns an nichts. Wir bekamen Obst, Gemüse und Leckereien. Aber das war kein Ersatz.Unsere Familie war zerrissen. Ich war sehr unglücklich darüber, meinen Vater nie besuchen zu dürfen. Später lernte er eine andere Frau kennen. Die Ehe wurde geschieden, und auch Mama suchte sich einen  anderen Mann.
Ich hasste es, wenn die Leute anfingen, auf meinen Vater zu schimpfen, weil er im Westen lebte. Was ging die das an? Ich lebte in der DDR, aber meine Sehnsucht projizierte ich in den Westen. Weil ich den Kontakt mit meinem Vater nicht in aller Form aufgeben wollte, durfte ich keine höhere Schule besuchen und kein Direktstudium aufnehmen. Über  verschiedene Wege gelang es mir dann doch, mich weiterzubilden.
Meine Mutter wollte mittlerweile auch nicht mehr in ihrem geliebten Dresden bleiben. Sie hatte längst eingesehen, einen Fehler gemacht zu haben. Niemals hätte sie sich vorstellen können, dass die DDR so rigoros mit ihren Kritikern umgehen würde. Wenigstens war der neue Mann an ihrer Seite gut zu uns Kindern. Ich bekam noch einen Bruder. Mein  Stiefvater wurde in den späten sechziger Jahren sehr krank und starb. Als meine Mutter wieder allein war, hatten wir die Idee, gemeinsam den Osten zu verlassen. Auf legalem Weg. Doch unsere Ausreiseanträge (2) wurden alle abgelehnt. Wir wären zusammen ausgereist, hätte man uns nur gelassen. Wie gern hätte ich mit ihr ein neues Leben im anderen Teil Deutschlands aufgebaut!
Natürlich verliebte auch ich mich, natürlich hatte auch ich einen Mann gefunden und versucht, in einer Ehe und Familie glücklich zu werden. Aber es gelang mir immer nur für kurze Zeit. Immer wieder hatte ich meinen Ex-Mann dazu bringen wollen, gemeinsam zu fliehen. Seit meiner Kindheit wollte ich diesen Staat verlassen, und das erst recht, als ich eigene Kinder hatte. Ich wollte nicht, dass sie in einer Diktatur aufwachsen müssten. Sie sollten frei sein.
Eine Flucht sah ich also geradezu als meine Verpflichtung an. Andererseits wollte ich meine Mutter nicht allein lassen. Erst recht nicht, als sie krank geworden war und keine Kraft mehr hatte, ein neues Leben zu beginnen.
Aber jetzt war sie tot. Und mich hielt nichts mehr in der DDR zurück. Ich würde da nicht alt  werden. Ich war wie mein Vater. Die Freiheit sei das wichtigste Gut im Leben, sagte er immer.
Jetzt hatte ich meine Entscheidung getroffen und war glücklich darüber, endlich ohne schlechtes Gewissen handeln zu dürfen. Morgen würde ich mit den Kindern fliehen. Und ich wusste, Mama würde mich verstehen.

Ines Veith, Die Frau vom Checkpoint Charlie, Knaur Taschenbuch Verlag, 2006


  • 1 Scharlach : eine Krankheit
  • 2 der Antrag : la demande officielle




 COMPRÉHENSION (10 points)



I. Schreiben Sie jeweils die richtige(n) Aussage(n) ab, die auf die Erzählerin
und ihre Eltern zutreffen!



A) Die Erzählerin spricht von der Zeit

  • -vor dem Fall der Mauer.
  • -nach dem Fall der Mauer.


B) Die Erzählerin lebt

  • -in der BRD.
  • -in der DDR.


C) Der Vater geht in den Westen,

  • -weil er dort eine neue Arbeit gefunden hat.
  • -weil er dort eine andere Frau kennen gelernt hat.
  • -weil er ein neues Leben anfangen will.

D) Die Mutter geht nicht mit,


  • -weil ihre Tochter krank ist.
  • -weil sie in Dresden bleiben will.
  • -weil sie Angst hat.


II. Welche der drei Vorschläge geben am besten die Hauptidee des Textes
wieder?
Schreiben Sie die richtige Antwort ab!

  • -Eine gelungene Flucht
  • -Die richtige Entscheidung
  • -Ein glückliches Leben


III. Richtig oder falsch? Belegen Sie Ihre Antwort mit einem Zitat aus dem
Text!

Beispiel: 0) Die Mutter der Erzählerin will anfangs ihre Heimatstadt nicht
verlassen.  

        0) Richtig: Sie wollte zurück nach Dresden. (Zeile 4)

  • 1) Nach seinem Weggang kümmert sich der Vater immer noch um seine Familie.
  • 2) Die Erzählerin sieht ihren Vater regelmäßig.
  • 3) Die Eltern trennen sich.
  • 4) Die Mutter gründet eine neue Familie.
  • 5) Die Erzählerin und die Mutter dürfen in den Westen ausreisen.
  • 6) Die Mutter stirbt.



IV. Zeigen Sie anhand des Textes, wie die Erzählerin mehrmals in ihrem
Leben für ihr Freiheitsideal gekämpft hat!
Verfassen Sie dazu eine kurze Antwort
! (ca. 60 Wörter)



 EXPRESSION (10 points)



Wählen Sie eines der beiden Themen:


a. Ein Westjournalist trifft sich mit der Erzählerin, die nun im Westen lebt.
Schreiben Sie den Zeitungsartikel! Beachten Sie dabei folgende Punkte:
-ihr Leben in der DDR
-ihre Flucht aus der DDR
- ihr neues Leben im Westen.
(200 Wörter)


ODER


b. Jetzt lebt die Erzählerin im Westen. Glauben Sie, dass sie ihren Traum
von Freiheit verwirklicht hat? Neue Freiheit, neues Glück?
Geben Sie Ihre Meinung dazu und argumentieren Sie!

(200 Wörter)


...
 

information(s) pédagogique(s)

niveau : Terminale S, B1

type pédagogique : évaluation

public visé : enseignant, élève

contexte d'usage : classe

référence aux programmes :

fichier joint

information(s) technique(s) : fichier au format .pdf

taille : 138 Ko ;

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