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"Ein Leben zwischen Ost und West" - sujet baccalauréat 2010 - ES/S - LV1

mis à jour le 21/06/2010


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mots clés : sujet national, baccalauréat, juin, 2010, ES, S, LV1


Text 1

Als Kind lebte Jörg Berger, der Autor dieser Autobiographie, in der DDR.

Als es die Mauer noch nicht gab, gingen meine Mutter und ich einmal mit einem bezahlten Schleuser (l) in den Westen. Zuerst trampten (2) wir nach Weilheim, später noch in den Norden nach Lübeck, wo sie mit ihren Eltern gewohnt hatte, bevor sie meinen Vater kennenlernte. Dabei durfte ich mit Erstaunen feststellen, dass meine Mutter Chancen bei anderen Männern hatte. Von einem Amerikaner, der uns mitnahm, erhielt sie sogar einen Heiratsantrag. Er war ein höherer Offizier und nannte mich "little boy". Wir sollten bei ihm bleiben, so wünschte er es sich, und zusammen in die Vereinigten Staaten ziehen. Ich will nicht behaupten, dass meine Mutter bei diesem Angebot ins Wanken geriet (3). Doch sie merkte, dass es noch andere Optionen im Leben gab, und hinzu kam, dass es ihr im Westen besser gefiel als im Osten. Wir sind aber zu meinem Vater zurückgekehrt.

Wieder zu Hause, drängte (4) meine Mutter ihren Mann: "Du kannst doch auch drüben etwas finden. Wir suchen uns dort eine neue Arbeit." In dieser Zeit, den fünfziger Jahren, hätte man noch ohne größere Probleme gehen können. Und viele taten dies auch. Aber meine Mutter konnte meinen Vater nicht dazu bewegen, etwas Neues anzupacken. Er ließ sich nicht verpflanzen.

Der Westen, das bedeutete für meine Mutter: Die Menschen, die dort leben, können machen, was sie wollen. Die können ihre Entscheidungen selbst treffen, überall hinreisen. Ihre Sehnsucht, andere Länder kennenzulernen, machte ich zu meiner eigenen. Nach aktuellem Stand habe ich über siebzig verschiedene Länder besucht - als wenn ich es für sie getan hätte.

 

Text 2

 Bei der Fußballweltmeisterschaft 1954 spielte die Bundesrepublik Deutschland im Finale gegen Ungarn.

 Die Fußballweltmeisterschaft 1954 war natürlich ein unvergessliches Erlebnis. Ich war knapp zehn Jahre alt und verfolgte übers Radio die einzelnen Spiele in der Schweiz. Irgendwie bekam ich heraus, dass es in der Nähe unserer Wohnung ein Agitprop-Lokal (5) gab. Dort gingen vorwiegend Parteigenossen (6) ein und aus. Egal, hier sollte am 4. Juli das Endspiel übertragen werden.

Selbstbewußt ging ich am großen Tag dorthin. Keiner warf mich hinaus. An der Kopfseite des Lokals befand sich ein kleiner Schwarzweißfernseher der Marke « Rubens ». Der Reporter bei diesem Spiel war Wolfgang Hempel, einer der renommiertesten und beliebtesten Sportmoderatoren der DDR.

Es war für mich die erste Live-Übertragung eines Spiels im Fernsehen. Selbstverständlich mussten die Zuschauer zu den Ungarn halten (7). Die hohe Ehre eines sozialistischen Bruderlandes stand auf dem Spiel, es galt doch zu beweisen, dass man dem Kapitalismus überlegen (8) war.

Ich jedenfalls war für die Mannschaft mit Helmut Rahn, Fritz Walter und Toni Turek im Tor. Der Fußball im Westen, er war für mich eindeutig besser und interessanter als der bei uns. Aber es sah    nicht gut aus für meine Helden, denn schon in den ersten acht Minuten des Spiels kassierte Toni gleich zwei Tore.

Doch dann, zwei Minuten später, sorgte Max Morlock für das 2 : 1. Jubelnd sprang ich auf. Ich merkte erst gar nicht, dass ich der Einzige war, der sich freute. Plötzlich packte mich einer der Genossen und zog mich auf meinen Stuhl zurück: "Hey, Kleener, wenn du nochmal hochspringst, wenn die 'n Tor machen, dann fliegste raus!"

Als das 2 : 2 fiel, hatte ich mich im Griff. Nicht so ein paar der Genossen: Fünf oder sechs von ihnen sprangen plötzlich auf. Sie waren vor Freude derart aufgeregt, dass sie vollkommen ihre politische Gesinnung (10) vergaßen. Wenigstens für einen Moment. Sobald sie sich bewusst wurden, was sie getan hatten, schauten sie sich zum Teil ängstlich um und setzten sich blitzschnell wieder. Den Zwiespalt (11),  in dem sich diese Genossen befanden, konnte selbst ich als Zehnjähriger spüren. Als dann Helmut Rahn das dritte Tor schoss, das Tor zum Sieg, da war der Bruderstaat Ungarn vergessen. Jetzt kannst auch du wieder jubeln, dachte ich, denn bis auf ein paar wenige stramme Genossen hatten sich alle von den Stühlen erhoben, prosteten sich mit Bier zu und umarmten sich. Ja, das war das Land, in dem ich aufwuchs.

 

Jörg Berger, Meine zwei Halbzeiten. 2009

 

  • 1 der Schleuser = le passeur
  • 2 trampen : faire du stop
  • 3 ins Wanken geraten (ä, ie, a): être déstabilisé
  • 4 jn drängen, etwas zu tun: pousser / inciter qn  à faire qch
  • 5 das Agitprop-Lokal = Propagandalokal der kommunistischen Partei der DDR
  • 6 der Parteigenosse: le «camarade» membre du Parti
  • 7 zu den Ungarn halten (a, ie, a): être pour les Hongrois
  • 8 jm überlegen sein: se sentir supérieur a qn
  • 9 sich im Griff haben : se contrôler
  • 10 die Gesinnung = die Meinung
  • 11 der Zwiespalt: le conflit intérieur

 


COMPREHENSION , sur 10

 Vous répondrez directement sur votre copie sans recopier les questions ni les réponses, mais en précisant chaque fois le numéro de la question et des énoncés. Pour la question II, répondez selon le modèle indiqué en exemple.


I. Text 1 und 2:


1) Wo spielen die beiden Texte? Notieren Sie für ieden Text die richtige Antwort.

   a)            Der erste Text spielt ...  - nur in der Bundesrepublik
   b)            Der zweite Text spielt ... - in der Bundesrepublik und in der DDR

 - nur in der DDR

 

2) Wann spielt die Geschichte der beiden Texte? Notieren Sie die richtige Antwort.

Die Geschichte spielt ...

- vor dem Bau der Mauer
- nach dem Bau der Mauer
- nach dem Fall der Mauer


3) Wo findet das Finale statt? Notieren Sie die richtige Antwort.

- in der DDR
- in der Bundesrepublik
- in der Schweiz


4) Wer hat 1954 das Finale der Fußballweltmeisterschaft gewonnen? Notieren Sie die richtige Antwort.

- die Mannschaft der Schweiz
- die Mannschaft aus Ungarn
- die Mannschaft der Bundesrepublik Deutschland
- die Mannschaft der DDR


II.  Text 1 und 2: Richtig oder Falsch? Begründen Sie Ihre Antwort mit einem Zitat aus dem Text.

Beispiel: 0) = Falsch. Zeile 1-2 "Als es die Mauer noch nicht gab, gingen meine Mutter und ich ... in den Westen. "

0) Am Anfang der Geschichte fährt Jörg mit seiner Mutter nach Polen.

1) Die Mutter zeigt ihrem Sohn, wo sie als Kind und Jugendliche gelebt hat.
2) Ein Amerikaner möchte die Mutter und Jörg in die USA mitnehmen.
3) Mutter und Sohn entscheiden, in die USA zu gehen.
4) Die Mutter möchte den Vater überreden, in den Westen zu gehen.
5) Der Vater ist einverstanden, in den Westen zu gehen.
6)  Jörg sieht die ersten Fußballspiele der Weltmeisterschaft 1954 in der Schweiz im Stadion.
7) Am 4. Juli 1954 kann der Erzähler das Endspiel zu Hause im Fernsehen miterleben.
8)  Die Parteigenossen sollen bei dem Finale für Ungarn sein.
9) Jörg ist von Anfang an ein Anhänger der westdeutschen Mannschaft.


III. Text 2: Notieren Sie nur die richtigen Aussagen und belegen Sie jede Antwort mit einem Zitat aus dem Text.

1) Der Erzähler und die Parteigenossen freuen sich gemeinsam, weil die ungarische Mannschaft zwei Tore schießt.

2) Die Parteigenossen zeigen von Anfang an, dass sie das Spiel der Bundesrepublik Deutschland unterstützen.

3) Als es zu einem ersten Tor der Bundesrepublik Deutschland kommt, kann der Erzähler seine große Freude nicht kontrollieren.

4) Die Parteigenossen bleiben während des ganzen Spiels ruhig sitzen.

5) Nach dem Sieg sind fast alle Parteigenossen fröhlich und vergessen fur einen Augenblick die Politik.

6) Am Ende des Spiels kann der Erzähler endlich seinen Gefühlen freien Lauf lassen. 



 EXPRESSION, sur 10


I. In einem Brief erzählt die Mutter des Erzählers ihrer besten Freundin von ihrem Leben in der DDR, von ihren Gefühlen und Träumen. Verfassen Sie diesen Brief. [mindestens 120 Wörter]



II. Behandeln Sie eines der folgenden Themen. [mindestens 130 Wörter]

A) Am Ende des Textes wird gefeiert. Denken Sie, dass Sport Menschen mit unterschiedlichen politischen Meinungen und aus verschiedenen Kulturen zusammenbringt? Was kann Ihrer Meinung nach zum besseren Verständnis zwischen Menschen aus unterschiedlichen Ländern und Kulturen beitragen? Argumentieren Sie.

ODER

B) In den 50er Jahren war es noch relativ leicht, die DDR zu verlassen. Viele Menschen haben dies auch getan. Für andere dagegen war es undenkbar, ihre Heimat zu verlassen. Wie lassen sich diese beiden gegensätzlichen Reaktionen erklären? Argumentieren Sie und geben Sie Beispiele aus Geschichte, Film, Literatur ...

 

 

information(s) pédagogique(s)

niveau : Terminale L, B2

type pédagogique : évaluation

public visé : enseignant, élève

contexte d'usage : classe

référence aux programmes :

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information(s) technique(s) : ressource au format .rtf

taille : 34,8 Ko ;

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